Kürzlich bekam ich eine Ferrocart Drossel die ich so noch nie gesehen hatte.
Ihre Herkunft verrät sie recht schnell durch die Beschriftung Dławik. Das Ł ist vorwiegend in der polnischen Sprache zu finden und Dławik lässt sich aus dem Polnischen auch mit Drossel übersetzen. Das „AH“ ist naheliegenderweise das Logo der Herstellerfirma.
Polnische und deutsche Fertigung vereint. Die Abmessungen sind sind fast identisch. Die polnische ist leider durch Rost aufgedunsen und durch den herausgedrückten Boden etwas höher.
Ich machte mich nun auf die Suche nach der Herstellerfirma und sties recht schnell auf A. Horkiewicz in Warschau!
Der aus Schytomyr stammende Chemiker Adolf Horkiewicz (Jahrgang 1894) begann 1926 mit der Produktion von Papierkondensatoren. Damals noch in seiner Privatwohnung in der Straße des roten Kreuz (ulicach Czerwonego Krzyża) bzw. Browarna. Bereits 1928 lässt sich Horkiewicz einen Kondensator mit Luftdielektrikum patentieren.
Später wird die Produktion in Firmengebäude in der Listopada 11, Białostocka und Kawęczyńska 9 verlegt. Die Produktion umfasst zu diesem Zeitpunkt: Papier- und Glimmerkondensatoren, Widerstände, Potentiometer und andere Funkkomponenten.
Ab mindestens 1934 werden von J.K.Görler lizensierte „Ferrocart“ Spulen und Spulensätze in Lizenz gefertigt.
Es werden einstellbare Widerstände unter dem Markennamen „Flexo“ vertrieben sowie Kondensatoren der Marke „Mikro“.
Im Jahr 1936 wird ein neues Firmengebäude in der Stępińska 26/28 bezogen. Ein Forschungslabor, eine Werkzeugmacherei und eine Abteilung für Messinstrumente werden eingerichtet.
Die Produktion von Großkondensatoren für die Industrie wird aufgenommen. Die Fabrik beschäftigt nun 200 Mitarbeiter und verfügt über eine firmeneigene Kantine und einen Personalclub.
Das Unternehmen scheint zu fluorieren.
Zum 13-jährigen Jubiläum wird 1939 ganzseitig geworben.
Die Produktion endet mit Einmarsch der deutschen Truppen 1939. Ab 1940 wird in sehr begrenztem Umfang wieder die Produktion aufgenommen. Es werden u.a. Heizgeräte hergestellt.
Danach wird wieder begonnen Funk- und Fernmeldekomponenten zu fertigen. Diese werden an die Philips Werke in Warschau, Lorenz in Berlin und die Fernmeldetechnische Staatswerke geliefert.
Nach dem Ausbruch des Warschauer Aufstands 1944 werden die Maschinen abtransportiert und die Werke brennen ab. Viele Angestellte werden getötet und auch Adolf Horkiewicz wird am 14.08.1944 von den Deutschen in Warschau-Rakowiec hingerichtet.
Ein Jahr nach seinem Tode wurde Adolf Horkiewicz in der Visitantinnen-Kirche eine Totenmesse gelesen.
Nach dem Krieg wurden die Gebäude in der Stępińska 26/28 wieder aufgebaut. Sie beherbergten unter anderem eine Schule und in den 50er Jahren die Omig-Werke.
An dieser Stelle sei noch auf diesen Artikel verwiesen: Rundfunkgeschichte Generalgouvernement Polen 1939 – 1945 bzw auf den polnischen Originalbeitrag.